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Griechenland mit fließendem Geld sanieren den Euro als fließendes Geld retten – Teil 2


Griechenland mit fließendem Geld sanieren
den Euro als fließendes Geld retten
– Teil 2: Was können wir tun, um die Plage, die das veruracht, wieder in Pandoras Krug zu versenken? –


Von Wolfgang Berger, www.lust-auf-neues-geld.de , 29.09.2011

 

Wenn eine Maschine nicht funktioniert, verbessern Ingenieure ihre Konstruktion. Wenn unsere Geld- und Finanzordnung Ergebnisse produziert, die uns nicht gefallen, läge es nahe, dass die Ökonomen sie neu konstruieren.

Nun hat Max Planck aber schon darauf hingewiesen, dass eine neue wissenschaftliche Erkenntnis sich nicht durchsetzt, weil die Vertreter der veralteten Lehrmeinung überzeugt werden, sondern erst nachdem sie ausgestorben sind. Vielleicht lesen ja auch Nichtökonomen diesen Text und denen möchte ich ein Geheimnis verraten, das kein prominenter Vertreter meines Faches kennt:

Der Nobelpreisträger George Joseph Stigler, der Ökonom

Steve Keen und der Mathematiker Jürgen Kremer haben nachgewiesen, dass die neoklassischen Schlüsse der „reinen Lehre“, die Ich in Teil 1 beschrieben habe, auf einem mathematischen Ableitungsfehler beruhen. Die Lehrbücher der Mikroökonomik lehren, dass vollständiger Wettbewerb zu maximaler Wohlfahrt führt, dass die optimalen Produktionsmengen diejenigen sind, bei denen „Grenzkosten = Marktpreise“ sind.

Diese Lehrbuchweisheit ist falsch. Wettbewerb pur maximiert den Wohlstand nicht. Nach der Korrektur des mathematischen Ableitungsfehlers kehren sich die Aussagen der Theorie in ihr Gegenteil um. Damit bleibt von der neoliberalen Theorie nichts von Substanz übrig. Mathematikstudenten lernen das.

Die volkswirtschaftlichen Lehrbücher aber nehmen diesen Fehler einfach nicht zur Kenntnis. Würden sie es tun, müssten fast alle Wirtschaftspolitikberater auf der Welt ihre Jobs kündigen. Sie würden wohl nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrannt wie Giordano Bruno. Vielleicht aber müssten sie vor der Inquisition widerrufen wie Galileo Galilei, damit die Machtverhältnisse bleiben können, wie sie sind.

Ein Spezialzweig der Philosophie ist die Wissenschaftstheorie, die sich mit den Gesetzen und Regeln bei der Produktion von Wissen beschäftigt. Ein bedeutender Wissenschaftstheoretiker des letzten Jahrhunderts war Thomas Kuhn. Er hat mit den Instrumenten der formalen Logik nachgewiesen, dass jede Wissenschaft auf Paradigmen aufbaut – auf Grundüberzeugungen, die derjenige, der die Wissenschaft betreiben will, erst einmal glauben muss.

Das Paradigma der Ökonomen, das sie den Politikern der ganzen Welt einflüstern, ist eingängig: T.I.N.A. – There is No Alternative (es gibt keine Alternative). Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus denkt kaum jemand über Alternativen zu unserer Geld- und Finanzordnung nach.

Nun hat es aber vor der Zeit des Kommunismus Alternativen gegeben, welche die Zunftvertreter der Ökonomie ausblenden oder nur noch für dogmengeschichtlich interessant halten. Viele Beispiele weisen uns auf deren Relevanz auch für uns heute hin.

So verfügte die Hanse zu Lübeck im Jahre 1417: „Niemand soll Hering verkaufen, ehe er gefangen, Korn, ehe es gewachsen, Gewand, ehe es gemacht.“ Und die Amsterdamer Börse hat mit einem „Plakat“ (= Dekret) vom 26. Februar 1610 verboten, Aktien zu verkaufen, die gar nicht im eigene Besitz sind. Das Verbot ist schon damals umgangen worden.

1949 verkaufte Alfred Winslow Jones Aktien, die er noch gar nicht hatte. Es ist der erste überlieferte „Leerverkauf“ in der Neuzeit. Das Spiel wird perfektioniert und erlaubt es sowohl bei fallenden als auch bei steigenden Kursen Gewinne zu realisieren.

Fonds, die sich auf solche spekulativen Geschäfte spezialisieren, nennen sich „Hedge Funds“. Der Begriff ist mit Bedacht gewählt und nimmt Bezug auf das Privatisierungsgebot der neoliberalen Doktrin:

In früheren Jahrhunderten werden Grund und Boden, Gewässer und Bodenschätze, Heiden und Moore, Wald und Wege al(ge)meinde – Allmende – von allen Gemeindemitgliedern gemeinschaftlich genutzt. Eine erste Welle der Privatisierung hat Europa vor einem halben Jahrtausend überrollt. Weltliche und kirchliche Herrscher eignen sich die Allmende an und markieren ihren Besitzanspruch mit Hecken (Hedges). Die schreckliche Not und Verelendung der Opfer hat zu den Bauernkriegen geführt.

Die Verhältnisse haben sich nur wenig geändert. Nach einem Bericht der englischen Zeitung The Guardian hat Futures Trader Ann Berg aus London vor kurzem gemeint: „Was für einen Armen das tägliche Brot, ist für einen Reichen eine verbriefte Geldanlage“. Wie funktionieren solche Anlagen?

In der Schule haben wir gelernt, was eine Exponentialfunktion ist, und trotzdem sehen die meisten nicht, was das praktisch bedeutet: Die Verdoppelung in einem bestimmten Zeitraum, dessen Dauer von der Höhe des Zinses abhängt. Damit Sie es sich vorstellen können:

Wenn Sie ein Blatt Ihrer heutigen Zeitung falten, haben Sie zwei Lagen. Mit jedem weiteren Faltvorgang verdoppelt sich die Zahl der Papierlagen: nach zwei Mal sind es vier, nach sechs Mal 64, nach zehn Mal 1.024, nach 42 Mal entspricht das schon der Entfernung von der Erde zum Mond. Statt Ihre Zeitung zu falten, können Sie auch jedes Mal den Stapel der 500-Euro-Scheine verdoppeln. Auch dann reicht der Stapel bis zum Mond. Das ist die eine Seite der Medaille.

Und nun zur anderen Seite: Die sich exponentiell erhöhenden Geldvermögen werden verzinst. Sie können aber nur verzinst werden, wenn es Schuldner gibt, die die Zinsen zahlen. Das ist der umgekehrte Stapel von 500-Euro-Schuldscheinen, die in ein Erdloch gepackt werden müssten, das den Planeten durchbohrt.

Die exponentiell steigende Verschuldung von irgendjemandem ist systembedingt notwendig. Wenn Privatleute oder Unternehmen das nicht übernehmen wollen oder können, müssen es die öffentlichen Haushalte tun. Sollten die sich weigern, bricht das System zusammen. Nur wenige sind sich darüber im Klaren: Eine sich exponentiell wachsende Verschuldung ist für den Bestand unseres Geld- und Finanzsystems notwendig.

Als Bill Clinton den Bundeshaushalt der Vereinigten Staaten ausgeglichen hatte, hat der damalige Notenbankchef Alan Greenspan ihn dafür heftig kritisiert. Er hat zu bedenken gegeben, dass die großen Fonds nicht mehr wüssten, wo sie ihr Geld anlegen sollten, wenn der Staat sich nicht mehr verschuldet. Von Alan Greenspan abgesehen sehen nur wenige diesen einfachen Zusammenhang.

John Perkins belegt es konkret mit Namen und Jahreszahlen: Staats- oder Regierungschefs, die sich dem Erfordernis des globalisierten Finanzkapitals widersetzen, die sich weigern, ihre Länder zu verschulden, kommen in Flugzeugabstürzen ums Leben, deren Ursache nie aufgeklärt wird. Manchmal fallen auch Bomben.

In jeder reifen Volkswirtschaft übersteigt das Angebot die Nachfrage. Jede Ausweitung der Produktion verschärft die Situation. Die Welt schwimmt in Kapital, es herrscht Anlagenotstand, die großen Vermögen verlangen nach rentabler Verwertung.

Wenn auch Staatshaushalte zur Aufnahme weiterer Schulden nicht mehr zur Verfügung stehen, ermöglichen bei gesättigten Märkten allein Rüstungsgüter ein weiteres Wachstum. Kriege vergrößern das Warenangebot auf zivilen volkswirtschaftlichen Märkten nicht, sie führen nicht zur Bedarfsdeckung und drücken somit nicht die Zinsen. Eine reduzierte Produktion ziviler Güter befriedigt den Bedarf an Konsum- und Investitionsgütern nur unzurei-chend und dieser Mangel erhält die Rentabilität des Kapitals.

Die Kundenzeitschrift „Sparkasse“ des deutschen Sparkassenverbandes weist im Jahre 1891 auf diesen Zusammenhang hin: „Die Ursache für das Sinken des Zinsfußes wird vorzüglich darin gefunden, dass die besonders rentablen Capitalanlagen großen Maßstabes heute er-schöpft sind und nur Unternehmungen von geringer Ergiebigkeit übrig bleiben… Nur ein allgemeiner europäischer Krieg könnte dieser Entwicklung Halt gebieten durch die ungeheure Capitalzerstörung, welche er bedeutet“.

Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist seit 1950 stetig in absolut etwa gleicher Höhe – also linear – gewachsen. Das bedeutet, dass in einer reifen Volkswirtschaft die Wachstumsrate abnimmt. 15 von 100 sind 15 Prozent, fünfzig Jahre später sind 15 von 1.000 dann aber nur noch 1,5 Prozent.

Solange die Wachstumsrate über dem Zinssatz lag, konnte das darüber hinaus erwirtschaftete Bruttoinlandsprodukt zwischen den Tarifparteien verteilt werden. Sobald der Zuwachs aber unter dem Zinssatz liegt, muss der Fehlbetrag Arbeitnehmern und Arbeitgebern – also denen, die ihn erarbeiten – weggenommen werden. Deshalb musste der Anteil der Arbeitseinkommen am Bruttoinlandsprodukt trotz eines stetigen Wachstums im letzten Jahrzehnt um 10 Prozent fallen.

Viele träumen von einer stabilen Welt. Die aber kann es im gegenwärtigen System nicht geben. Ein System stellt sich nicht selbst in Frage, es erzwingt eher den Tod von Menschen und den Zusammenbruch von Staaten. Von 1970 bis 2005 ist die Weltproduktion realer Güter und Dienstleistungen um das Vierfache gewachsen, das Weltfinanzvermögen aber hat sich um das Zwölffache vergrößert. Der Finanzsektor verschlingt quasi die gesamte reale, Werte erschaffende Wirtschaft.

Führer ohne Kreativität schaffen immer wieder tote Institutionen, die das System erhalten. Aber jetzt ist etwas anders. Die Welt, in der wir leben, wird gerade komplett umgekrempelt. Nichts bleibt, wie es war, kein Stein bleibt auf dem anderen. Darin steckt eine große Chance für jeden, der sich persönlich in Resonanz mit den globalen Veränderungen entwickelt und sich durch sie tragen lässt.

Wir können diese Plagen, die unsere Geld- und Finanzordnung uns aufbürdet nur dann im Krug der Pandora versenken, wenn wir unser System umbauen. Tun wir das nicht, entsteht ein revolutionäres gesellschaftliches Gebräu. Einen Vorgeschmack darauf haben wir in England, Griechenland und Spanien schon bekommen. Revolutionen haben aber die Situation nie verbessert. Ein Umbau ist für alle angenehmer – vor allem auch für diejenigen, die sich am meisten dagegen wehren.

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