Die Störung bringt den Wissenssprung

Post 02. September 2015 By In 2015
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Wir alle kennen das, man verbringt ein paar Stunden mit Freunden - in harmonischer Atmosphäre werden herzlich zwischenmenschliche Beziehungen gepflegt. Oft verbinden diese Menschen eine oder mehrere Gemeinsamkeiten. So übt man dasselbe Hobby aus, gehört demselben Fanclub an oder hat zueinander passende berufliche Qualifikationen und Interessen. Unser Gehirn schüttet das Bindungshormon Oxytocin aus. Und handelte es sich um ein gelungenes Treffen, bei dem auch ausgelassen gelacht wurde, geht man mit einem guten Schuss Dopamin, dem Glückshormon, zufrieden nach Hause.

Dass bei solchen Gegebenheiten das wertvolle soziale Gefüge als wohltuend wahrgenommen wird, überrascht nicht. So empfinden wir z. B. ein Buch als empfehlenswert, welches inhaltlich zur eigenen Haltung passt. Wir sehen unser Denken in den Texten des Autors gespiegelt und fühlen Verbundenheit.

Diese Emotionen sind für unsere Lebensqualität ausgesprochen wichtig. Wissenschaftler haben festgestellt, dass Menschen mit fehlender sozialer Wärme, öfter, länger und heißer duschen. Das Defizit am wohltuendem Miteinander wird durch physische Wärme ersetzt.

Doch komplexer wird es, treffen unterschiedliche Meinungen aufeinander. Die erhaltene Information wird als Störung identifiziert, vielleicht sogar als Angriff charakterisiert. Stresshormone werden ausgeschüttet und fast wie von selbst wird eine ...

Verteidigungsstrategie zurechtgelegt. Till Schweiger äußerte kürzlich in einem hitzigen Gespräch bei Maischberger zu einem Studiogast: „Sie gehen mir auf den Sack“, wofür er sich später entschuldigte.

Wenn ich hier über derartige Inhalte schreibe, soll dies auch keineswegs bedeuten, dass ich nicht schon mit wilden Emotionen unterlegte, heiße Diskussionen führte. Doch schnell ist der Bereich der wertschätzenden Kommunikation verlassen und die Sachlichkeit des Gespräches lässt nach. Am Ende bleibt die Entschuldigung mit der Hoffnung, dass die Wunden keine Narben hinterlassen.

Meine Empfehlung wäre, absichtlich Diskurse zu suchen, bei denen die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner eine offensichtlich abweichende Meinung vertritt. Den erlebten Moment sollte man sich bewusst machen. Bei unbewussten Tätigkeiten, ob körperliche oder geistige, verbrennt unser Körper weniger Energie. Erinnern Sie sich noch, wie viel Anstrengung Ihnen Ihre ersten Fahrstunden mit einem Auto kosteten? Jahre später nehmen Sie das Steuern eines Fahrzeugs kaum noch wahr. Dafür kann sich Ihre Konzentration ganz auf den Verkehr richten, das bringt Sicherheit.

Erleben Sie nun in einer Gesprächssituation bewusst eine Dissonanz in Bezug auf Ihre eigenen Ansichten, können Sie nun aktiv eingreifen. Unbestritten kostet der Umgang mit diesen Augenblicken viel Kraft. Doch was kann erfrischender sein, als neue Erkenntnisse dadurch zu gewinnen, da man sich kontrolliert in unbekannte Gewässer wagt? Auf spannende Weise kann nun der eigene Standpunkt überprüft werden. Wir lernen aus diesen Erfahrungen.

Ich wünsche Ihnen viele solche Eindrücke, damit Sie dank Ihres mutigen Handelns herrlich viel Neues entdecken. Aufgabe kann es demnach sein, viele konstruktive Gespräche zu führen, auch wenn die Positionen noch so verschieden sind. Dabei wünsche ich Ihnen gutes Gelingen!

Steffen Henke

Last modified on Donnerstag, 22. Oktober 2015 13:21
Steffen Henke

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